Die Haftung des Beamten für Pflichtverletzungen
Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzen, haben ihrem Dienstherrn den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Der Beamte kann solche Ansprüche zu mindern suchen, indem er ein Mitverschulden seines Dienstherrn geltend macht.
Der Schadensersatzanspruch des Dienstherrn gegen den Beamten
Grobe Fahrlässigkeit bei Amtsführung?
Der Fahrlässigkeitsbegriff bezieht sich auf ein individuelles Verhalten des Beamten. Entsprechend muss unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände – also seiner individuellen Kenntnisse und Erfahrungen – beurteilt werden, ob und in welchem Maß sein Verhalten fahrlässig war. Grobe Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn es sich um ein schwerwiegendes und auch subjektiv schlechthin unentschuldbares Fehlverhalten handelt, welches über das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich hinausgeht. Grobe Fahrlässigkeit ist also immer dann zu bejahen, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich schweren Maße verletzt ist und dabei Überlegungen unterlassen und Verhaltenspflichten missachtet werden, die besonders nahe liegen und im gegebenen Fall jedem hätten einleuchten müssen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29.04.2004 – 2 C 2.03, Juris-Rn. 16).
Derart grobe Fahrlässigkeit wurde beispielsweise angenommen für einen Polizeibeamten, der dienstlich mit einem Dieselfahrzeug unterwegs war, welches ihm auch bewusst war (da ausschließlich Dieselfahrzeuge verwendet wurden), er aber trotzdem bei einem Tankvorgang nicht auf die richtige Zapfpistole bzw. die richtige Kraftstoffart achtete und deswegen das Fahrzeug falsch betankte, woraus ein gravierender Schaden am Kraftfahrzeug entstanden ist (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 02.02.2017 – 2 C 22.16, Juris-Rn. 14). Im Einzelfall kann solch ein Vorgang durch Umstände begleitet werden, die Anlass geben können, im Einzelfall den Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten ausnahmsweise anders – also nicht genauso schwerwiegend – zu bewerten. Solche Umstände wurden beispielsweise durch das Verwaltungsgericht Osnabrück in einer Entscheidung angenommen. Dieser Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass der hier zum Schadensersatz herangezogene Polizeibeamte zu Beginn des Tankvorgangs durch seine dienstliche Pflichten gegenüber einem ihn ansprechenden Bürger abgelenkt wurde und deswegen irrtümlich die falsche Zapfpistole ergriff (vgl. VG Osnabrück, Urteil vom 21.06.2007 – 3 A 19/07, Juris-Rn. 19).
Mitverschulden und Gesamtschuldner
Um dieser Möglichkeit entgegenzutreten ist ausdrücklich gesetzlich geregelt worden, dass mehrere Beamte, die gemeinsam einen Schaden verursacht haben, als Gesamtschuldner haften (vgl. § 48 S. 2 BeamtStG bzw. § 75 Abs. 1 S. 2 BBG). Die Haftung als Gesamtschuldner (§§ 421 ff. BGB) bedeutet, dass der Dienstherr als Gläubiger von sämtlichen Gesamtschuldnern (also von jedem einzelnen, den Schaden verursachenden Beamten) in getrennten Verfahren jeweils die gesamte Leistung verlangen kann. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass diese zivilrechtliche Regelung auch für den Bereich des öffentlichen Rechts Geltung findet, wenn eine Behörde gegen mehrere Gesamtschuldner vorgeht (vgl. BVerwG, Urteil vom 02.02.2017 – 2 C 22.16, Juris-Rn. 29).
Gesetzlich ist dem Beamten das Mitverursachen anderer Beamter als Geltendmachungsgrund für anspruchsminderndes Mitverschulden also grundsätzlich verwehrt, da für mehrere Beamte, die gemeinsam einen Schaden verursachen, eine gesamtschuldnerische Haftung angeordnet ist. Der Anwendungsbereich des § 254 Abs. 2 BGB ist deswegen auf den Anwendungsbereich reduziert, dass ein anderer Beamter den Schaden dadurch schuldhaft mitverursacht hat, dass er eine Dienstpflicht vernachlässigt hat, zu deren Erfüllung im Namen des Dienstherrn er gerade gegenüber dem in erster Linie den Schaden verursachenden Beamten verpflichtet gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.01.1976 – 2 C 55; 29.08.1977 – 6 C 68.72).
Das Verwaltungsgericht Greifswald hatte in seiner Entscheidung vom 09.06.2016 (6 A 59/15) angenommen, dass die für den Dienstherrn handelnden Vorgesetzten des falsch tankenden Beamten insoweit eine Fürsorgepflicht verletzt hatten, dass sie keinen besonderen Tankadapter eingebaut hatten, welcher die Falschbetankung im Ansatz verhindert hätte. Entsprechend wurde aufgrund eines anteiligen Mitverschulden des Dienstherrn der Schadensersatzanspruch reduziert.
Im Rahmen einer Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht ging der Dienstherr dagegen vor. Das Bundesverwaltungsgericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass die Fürsorgepflicht als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums aus Artikel 33 Abs. 5 GG es für den Dienstherrn nicht umfasst, durch technische oder organisatorische Vorkehrungen sicherstellen zu müssen, dass es nicht zu Handlungen seiner Beamten kommen kann, die aufgrund von grob fahrlässigen Verhalten zu dem gesetzlichen Schadensersatzanspruch nach § 48 S. 1 BeamtStG führen. Diese Fürsorgepflicht beinhaltet zwar, dass der Dienstherr bei seinen Entscheidungen die wohl verstandenen Interessen des Beamten in angenommener Weise zu berücksichtigen habe. Wenn der Gesetzgeber jedoch unter Abwägung aller Belange, insbesondere der wohl verstandenen Interessen der Beamten, eine abstrakt generelle Regelung trifft, darf diese nicht unter Berufung auf die allgemeine Fürsorgepflicht wieder unterlaufen werden.
Besonderheit des Schadensersatzanspruchs des Dienstherrn gegenüber seinem Beamten
Herr Rechtsanwalt Brunnert und Frau Rechtsanwältin Siebe vertreten Beamte in unterschiedlich gelagerten Schadensersatzfällen – Schadensersatzforderungen des Beamten selbst, sowie auch Schadensersatzforderung des Dienstherrn im Sinne eines Heranziehungsbescheides.