Landgericht Hamburg zum Ersten: Haftung für Linksetzung bei „Zu Eigen machen“
Seit einem Urteil des Landgerichts Hamburg aus dem Jahr 1998 (Urteil vom 12.05.1998, Az.: 312 O 85/98) geistert die Legende vom sogenannten Disclaimer über die deutschen Internetseiten. Dieser sogenannte Disclaimer weist darauf hin, dass das Landgericht Hamburg am 12.05.1998 entschieden hat, dass man durch das Ausbringen eines Links, die Inhalte der gelinkten Seiten ggf. mit zu verantworten hat, wenn man sich diese „zu Eigen gemacht“ habe. Erforderlich sei zum Ausschluss dieser Haftung, dass man sich ausdrücklich von diesem Inhalt distanziere.
Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg ist damals eine einzelne Entscheidung geblieben. Nicht allzu lange Zeit nach dieser Entscheidung des Landgerichts Hamburg ist durch Obergerichte und letztlich auch durch den BGH in der sogenannten „Paperboy“ – Entscheidung entschieden worden, dass die bloße Verlinkung von einer Internetseite auf eine andere Internetseite nicht dazu führt, dass der Verlinkende für die Inhalte der verlinkten Seite haftet. Diese Gewissheit bestand jedenfalls auch noch bis zur Entscheidung des BGH vom 18.06.2015, Az.: I ZR 74/14, in welcher noch einmal ausdrücklich der Grundsatz wiederholt wurde, dass die bloße Verlinkung auch aus einer geschäftlich versandten E-Mail auf eine Seite keine Haftung für die verlinkten Inhalte erbringt.
EuGH zum Zweiten: Haftung für Linksetzung bei Gewinnerzielung
Diesen lange geltenden Grundsatz der Nichthaftung für lediglich verlinkte Seiten hat der EuGH durch sein Urteil vom 08.09.2016, Aktenzeichen: C-160/15 mit einem Wisch beseitigt. Der EuGH geht für Urheberrechtsverletzungen davon aus, dass zumindest ein Betreiber von Internetseiten selbst dafür haftet, dass eine von ihm verlinkte Seite keinen urheberrechtswidrigen Inhalt hat, wenn dies „ohne Gewinnerzielungsabsicht“ geschieht.
Offen bleibt allerdings, ob damit Gewinn für die Verlinkung selbst oder grundsätzlich Gewinnerzielungsabsicht – also letztlich Gewerblichkeit des Internetangebots gemeint ist.
Landgericht Hamburg zum Dritten: Haftung für gewerbliche Verlinkung
Dass dieser Grundsatz ernst zu nehmen ist, ist nunmehr durch die am 08.12.2016 bekannt gewordene Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 18.11.2016, Az.: 310 O 402/16 bestätigt. Das Landgericht Hamburg hat dort entschieden, dass die Urheberrechtsverletzung alleine durch Setzung eines Textlinks auf ein von Dritten rechtswidrig zugänglich gemachtes Bild vorliegt.
Bundesgerichtshof zum Vierten: Haftung für Änderungen verlinkter Seiten?
In der Stellungnahme zum Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18.11.2016, Az.: 310 O 402/16 lässt Spirit Legal offen, ob auch die Änderung verlinkter Seiten einen Rechtsverstoß darstellen kann.
Der BGH hat mit Urteil vom 03.03.2016, Az.: I ZR 140/14 „Angebotsmanipulation bei Amazon“ für eine Markenrechtsverletzung festgestellt, dass im Falle eines Amazon-Angebotes der sich unter ein solches Angebot „hängende“ Anbieter, also derjenige, der Waren unter Verweis auf das Angebot anbietet, dafür haftet, dass nicht nur zum Zeitpunkt des Anhängens an dieses Angebot, sondern auch laufend durch ihn zu überwachen ist, dass nicht nach der Setzung des Angebots nachträglich eine Rechtsverletzung etwa durch Änderung hier der Marke eintritt.
Konkret ist zunächst eine Herstellerbezeichnung „Oramix“ in dem Angebot enthalten gewesen, welches im Nachhinein durch die eingetragene Marke „TRIFOO“ ersetzt wurde.
In sehr ähnlicher Weise hat er sich mit weiterem Urteil vom 03.03.2016, Az.: I ZR 110/15 „Herstellerpreisempfehlung bei Amazon“ geäußert.
Ein Händler, der ein solches Angebot tätigt, haftet sowohl für eigene Änderungen, als auch Änderungen an dem Angebot, welche (nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amazon berechtigt) durch Dritte erfolgen.
Auch hier besteht also eine laufende Überwachungspflicht.
Der BGH hat darüber hinaus entschieden, dass eine solche Überwachungspflicht die engmaschige zeitliche Überwachung voraussetzt. Im hier vorliegenden Fall ist der BGH davon ausgegangen, dass eine Überwachung lediglich alle 14 Tage bereits nicht zur Erfüllung dieser Überwachungspflicht ausreicht.
Hierzu gibt es auch bereits weitere erstinstanzliche Urteile. So hat unsere Kanzlei hierzu vor dem Landgericht Bielefeld die Entscheidungen vom 09.08.2016 Az.: 15 O 59/16 (rechtskräftig) sowie vom 20.06.2016, Az.: 16 O 37/16 (rechtskräftig) erwirkt.
Das Landgericht Bielefeld hat dort insbesondere die Verpflichtung der Überwachung insoweit genauer konkretisiert, als es davon ausgeht, dass zumindest eine wöchentliche Überprüfung solcher Angebote – und zwar aller Angebote – zu erfolgen hat.
Kombiniert man nämlich die Erkenntnisse aus dem Urteil des EuGH vom 08.09.2016 und den beiden Urteilen des BGH vom 03.03.2016, so führt die Kombination dieser Urteile zur Erkenntnis, dass zumindest gewerbliche Linksetzer nicht nur für die Rechtmäßigkeit der verlinkten Seite haften, sondern darüber hinaus für die Erhaltung der Rechtmäßigkeit dieser verlinkten Seite.
Nimmt man die zeitlichen Vorgaben des Landgerichts Bielefeld als Konkretisierung der Entscheidung des BGH zur Grundlage, so wäre eine regelmäßige zumindest wöchentliche Überprüfung aller gesetzten Links erforderlich, um einer Haftung für Rechtsverstöße auf den verlinkten Seiten zu entgehen.
Dabei steht noch nicht einmal abschließend fest, dass diese Urteile sich tatsächlich dauerhaft nur auf gewerbliche Anbieter beziehen werden.
Sollten Sie zukünftig Fälle auffinden, in welchen Ihre Rechte, insbesondere durch Mitbewerber oder unberechtigte Nutzer beeinträchtigt werden oder aber selbst wegen vermeintlicher Rechtsverletzungen in Anspruch genommen werden, stehen wir Ihnen mit unserer Erfahrung als Bielefelder Fachanwälte im Bereich des Urheberrechts, des Wettbewerbsrechts und des Markenrechts gern zur Seite.