Jedes Jahr begehren zahlreiche junge Menschen die Einstellung in den Polizeidienst. Aus unterschiedlichen Gründen werden einige von ihnen abgelehnt. Die Frage, ob solch eine Ablehnung darauf gestützt werden darf, dass der Polizeibewerber sich eine bestimmte Tätowierung hat stechen lassen, hat in der Vergangenheit mehrfach die Verwaltungsgerichtsbarkeit beschäftigt.
Unter Bezugnahme auf die sogenannte Wesentlichkeitslehre des Bundesverfassungsgerichts (dass die wesentlichen Entscheidungen, solche mit erheblicher Grundrechtsrelevanz, vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber getroffen werden müssen) hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17.11.2017 (2 C 25.17) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und rechtsgrundsätzlich entschieden, dass die Frage der Zulässigkeit von Tätowierungen im Beamtenverhältnis reglementiert werden kann, dass dies jedoch hinreichend bestimmt und in einer gesetzlichen Grundlage erfolgen muss. Hierfür sei eine einfache Ermächtigung zur Regelung von Dienstkleidung nicht ausreichend. Im Falle der Verordnungsermächtigung müsse schon aus der parlamentarischen Leitentscheidung der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar sein, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll. Dies hat den rechtlichen Hintergrund, dass die Austarierung widerstreitender Grundrechte oder kollidierender Verfassungspositionen dem Parlament vorbehalten ist. Wesentliche Inhalte des Beamtenverhältnisses sind daher durch Gesetz zu regeln. Dies gilt insbesondere für Regelungen mit statusbildendem oder statusberührenden Charakter, durch die Bedingungen der Einstellung oder Entlassung normiert werden. Mit der Bestimmung unzulässiger Tätowierungen werden Eignungsanforderungen festgelegt, die zur zwingenden Ablehnung eines Einstellungsbegehrens führen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 14. Juli 2016 – 6 B 540/16 – juris Rn. 3 und 5). Für bereits ernannte Beamte bilden entsprechende Regelungen die Grundlage für Weisungen, keine derartige Tätowierung im Dienst zu tragen (VG Halle, Urteil vom 18. Mai 2016 – 5 A 54/16 – juris Rn. 21 f.).
Der Verwaltungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg hatte in diesem Jahr über den Fall eines Beamtenbewerbers zu beschäftigen, der in den Polizeidienst aufgenommen werden wollte, sich jedoch eine Totenkopf-Tätowierung hatte stechen lassen, worauf das Land seine Ablehnung für seine Bewerbung im Polizeidienst verfügte. Bei dieser Entscheidung war die geänderte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu berücksichtigen. Das Gericht ließ sich von den im folgenden dargestellten Überlegungen leiten. Zwar habe sich die Einstellung der Bevölkerung zu Tätowierungen unzweifelhaft gewandelt. Insbesondere seien die Zeiten vorüber, in denen Tätowierungen „vor allem in Milieus der Kriminellen, Rockerbanden und Seefahrer anzutreffen waren“. Jedoch wird gerade für Polizeivollzugsbeamte eine besondere Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion angenommen und diese sollen bei sämtlichen Teilen der Bevölkerung Vertrauen erwecken, um dem Leitbild des „Freund und Helfers“ gerecht zu werden. Aus diesem Grund hält der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshof in Mannheim mit Beschluss vom 12.07.2018 es für rechtmäßig, Bewerber mit Tätowierungen, die nicht dezent und im sichtbaren Bereich sind, grundsätzlich abzulehnen. Ebenfalls seien Bewerber mit Tätowierungen im nicht sichtbaren Bereich unter der Uniform ablehnbar, wenn diese Tätowierungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verstoßen, diskriminierende, gewaltverherrlichende und sonstige gesetzlich verbotene Motive enthalten, sowie im Einzelfall ein achtungs- und vertrauensunwürdigen Eindruck erwecken. Solch ein unwürdiger Eindruck könne insbesondere durch Totenschädel-Tätowierungen hervorgerufen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.07.2018 – 4 S 1439/18). In dem zu entscheidenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim die grundsätzliche Zulässigkeit solch einer Regelung festgestellt, jedoch zugunsten des Beamtenbewerbers entschieden, da es einer hinreichend bestimmten Leitentscheidung des Landtags zum äußeren Erscheinungsbild der Landesvollzugspolizei bedürfe. Da in Baden-Württemberg solch eine Parlamentsentscheidung fehlt, sei die Ablehnung des Bewerbers allein aus diesem Grund rechtswidrig.
Herr Rechtsanwalt Brunnert und Frau Rechtsanwältin Siebe beraten, vertreten und begleiten seit Jahren zahlreiche Beamtenbewerber auf ihrem Weg in den öffentlichen Dienst. Sollte Ihre Bewerbung abgelehnt werden, setzen Sie sich unverzüglich mit uns in Verbindung.