„Das stammt ja noch aus der Steinzeit“ – normalerweise ein Satz, der Ansichten, Meinungen oder auch Gegenstände abwertet – letzteres vor allem auf monetärer Ebene. Dass Dinge aus der Stein- bzw. Urzeit aber alles andere als wertlos sind – zumindest, wenn man die Floskel wortwörtlich nimmt – zeigt jetzt der mit Hilfe unserer Kanzlei vor dem Oberlandesgericht Hamm geschlossene Vergleich.
Den Ausschlag für die gestrige Verhandlung vor dem OLG Hamm gab im Endeffekt nichts anderes als das liebste Hobby unseres Mandanten, mit dessen Genehmigung wir diesen Blogbeitrag freundlicherweise veröffentlichen dürfen. Während sich andere Altersgenossen eher „klassischen“ Freizeitunternehmungen wie Sport, Musik oder Netflix verschrieben haben, geht der Bielefelder, wann immer es seine Zeit erlaubt, auf Forschungsreise und sucht vornehmlich in der Region nach Fossilien aller Art. Sönke Simonsen ist passionierter Hobby-Paläontologe. Er gibt in diesem Zusammenhang sogar eine eigene Fachzeitschrift heraus, die über seine Website, die mittlerweile zur größten Online-Community für Fosslien-Sammler im deutschsprachigen Raum geworden ist, bezogen werden kann. So viel Leidenschaft und Hingabe für unsere geologische Vergangenheit zahlte sich jetzt im wahrsten Sinne des Wortes aus.
Wer suchet, der findet (vielleicht einen Plesiosaurier)
Im Jahr 2007 machte Simonsen in einer Tongrube in Nieheim (Kreis Höxter) einen echten Sensationsfund: Er stieß dort auf das fast vollständige Skelett eines Plesiosauriers. Die fast vier Meter lange Urzeit-Echse brachte ein stattliches Alter von 185 Millionen Jahren mit und ist der vollständigste Fund eines Plesiosauriers in Norddeutschland. Weil so ein Saurierskelett aber nichts für das heimische Wohnzimmer ist und sich der 29-jährige auch seiner Verantwortung gegenüber der Wissenschaft bewusst war, überließ er das komplette Fossil dem Landschaftsverband Westfalen Lippe und erhielt dafür fünf Jahre nach Entdeckung des Fundes lediglich einen Basisbetrag von 10.000,00 € nebst einer vereinbarten Verzinsung – angeblich 50 Prozent des Wertes. Der LWL investierte daraufhin rund 200.000 € für die aufwändige Präparation des Skeletts, bevor es seinen Platz als dauerhaftes Exponat im LWL-Museum Münster fand. Die wissenschaftliche Bearbeitung im Jahr 2011 ergab außerdem, dass es sich bei dem Saurier um eine weltweit neue Art handelt.
Der Plesiosaurier fand jedenfalls seine letzte Ruhe, unser Mandant jedoch nicht. Er sah den 2007 mit dem Landwirtschaftsverband Westfalen-Lippe geschlossenen Vertrag mit guten Gründen als noch nicht erfüllt an. Simonsen wandte sich an RA Philipp Küster von der Kanzlei Stracke, Bubenzer und Partner. Unter Berufung auf den schriftlichen Vertrag mit der Gegenseite musste der LWL gerichtlich in Anspruch genommen werden.
„Die Wissenschaft hat festgestellt …" – und das OLG folgt
Im Prozess wurde schnell deutlich: Der Schwimmsaurier ist wesentlich mehr wert als die ursprünglich vom Landschaftsverband ausgezahlte Summe. Ein vom Gericht bestellter externer Gutachter ließ Zahlen sprechen und taxierte den Wert des Skeletts im Fundzustand auf 30.000 €. Für die OLG-Richter war der Fall damit klar: Sönke Simonsen hat mindestens einen berechtigten Anspruch auf weitere 5.000 € – und zwar zzgl. im Vertrag vereinbarter Zinsen. Auch weitere Abreden des damals geschlossenen Übertragungsvertrages sprachen nach Auffassung der Richter für diesen hohen Kaufpreis. Mit unserer Hilfe einigte man sich auf einen Vergleich: Simonsen erhält zusätzliche 8.500 € und zeigte sich im Anschluss an die Verhandlung sehr zufrieden. Er betonte, dass er es zwar schade fände, dass er und der Landschaftsverband sich erst vor Gericht treffen mussten, um zu einer Einigung zu kommen, freue sich aber, dass sein Fund nun die Würdigung erhielte, die er verdiene. Beide Parteien, sowohl unser Mandant als auch das LWL-Museum, wollen ihre gute Zusammenarbeit ununterbrochen fortsetzen. Simonsen weiß, dass Hobbysammler normalerweise nur häufigere Meeresbewohner wie Ammoniten, Muscheln und Schnecken finden. Gerade deshalb setzt er sich unter aktueller Gesetzeslage auch ein für ein gegenüber Findern faires Schatzregal. Also wer weiß, vielleicht gelingt Herrn Simonsen oder einem anderen Hobbypaläontolgen bald noch einmal ein großer Coup – immerhin gibt es in Deutschland „nur“ einige 1000 Fossiliensammler – die Zahl der Lottospieler ist da wesentlich höher.
Zusammen mit unserem Mandanten freuen wir uns über den zufriedenstellenden Prozessausgang. Mehr dazu findet man auch auf bild.de oder im Westfalenblatt. Regelmäßig können wir vor sämtlichen Amts-, Land- und Oberlandesgerichten von unserer jahrelangen Prozesserfahrung profitieren. Wir besprechen stets, insbesondere zu Beginn eines Mandats Kosten und Risiken mit Ihnen. Gerichtliche Auseinandersetzungen gilt es zu vermeiden. Manchmal erfordert es die Sach- und Rechtslage aber, dass man bis zum Schluss hartnäckig bleibt. Knapp 200 Mio. Jahre brauchte es aber nicht!