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Das Präsidentenportrait in der Abstellkammer

Ein Beamter, welcher als Leiter einer Dienststelle das dieser zur Verfügung gestellte amtliche Fotoportrait des Bundespräsidenten als Zeichen des Protests gegen dessen amtliches Handeln abhängt und in die Abstellkammer der Dienststelle verbringt, verletzt die ihm obliegenden Dienstpflichten.

Das Dienstvergehen

Beamte haben eine Vielzahl von Verpflichtungen, die sich größtenteils aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums ergeben, welchDas Präsidentenportrait in der Abstellkammere durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich abgesichert sind.

Wenn Beamte gegen die ihnen obliegenden Dienstpflichten vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft verstoßen, begehen sie ein Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 S. 1 BBG bzw. § 41 Abs. 1 S. 1 BeamtStG.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 31.08.2017 (Az. 2 A 6/15) unter anderem festgestellt, dass ein mehrfaches Abhängen und das schlussendliche Verbringen des amtlichen Fotoportraits des Bundespräsidenten durch den Leiter einer Dienststelle gegen die politische Mäßigungspflicht verstößt.

Sowohl § 60 Abs. 2 BBG als auch § 33 Abs. 2 BeamtStG legen fest, dass Beamte bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren haben, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt. Dies bedeutet zwar, dass der Beamte einerseits noch Staatsbürger ist und die ihm zustehenden Grundrechte, insbesondere die Freiheit der Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG, nicht beeinträchtigt sind. Entsprechend wurde in derselben Entscheidung festgestellt, dass es nicht gegen die Dienstpflichten verstößt, in privaten Unterhaltungen mit seinen Kollegen während der Dienstzeit – auch als Vorgesetzter – seine politische Meinung zu äußern und für diese einzutreten. Der Beamte darf deswegen im Rahmen von privaten Gesprächen mit seinen Kollegen – selbst im Dienst – grundsätzlich auch Kritik am politischen Verhalten von Verfassungsorganen äußern. Der geschilderte Umgang mit einem Fotoportrait kann jedoch die dem Beamten gesetzten Grenzen der zulässigen Meinungsäußerung überschreiten.

Disziplinarrechtliche Bewertung

Für die disziplinarrechtliche Bewertung ist maßgeblich, wie das Verhalten des Beamten auf einen objektiven unvoreingenommenen und verständigen Beobachter wirkt. Das Gericht bewertete den bezeichneten Vorgang dahingehend, dass der tatsächliche Umgang des Beamten mit dem Fotoportrait nicht mit einer Wertschätzung dessen zu vereinbaren sei. Das achtlose Abstellen des Bildes in der Teeküche der Dienststelle oder das Ablegen in einer Abstellkammer seien keine angemessene und würdige Verwendung. Das Abhängen und dieser achtlose Umgang sei ein Ausdruck der nachhaltigen Kritik des Beamten an der Person und den politischen Äußerungen des damaligen Bundespräsidenten. Durch das zweifache Abhängen und den achtlosen Umgang mit dem Portrait habe der Beamte nach Außen plakativ deutlich gemacht, dass diese porträtierte Person nicht mehr als geeignet angesehen werden kann, das Amt des Bundespräsidenten auszuüben und dessen verfassungsrechtliche Aufgaben wahrzunehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht betont in seiner Entscheidung, dass die Wahl des Bundespräsidenten der Bundesversammlung obliege und die Entscheidung über einen Amtsverlust während der fünfjährigen Amtsperiode allein dem Bundesverfassungsgericht zustände. Als Beamte habe man die verfassungsgemäß bestimmten Organe seines Dienstherrn zu respektieren und deren Anordnungen auszuführen. Durch das eigene Verhalten dürfe der Beamte nicht den Eindruck erwecken, er behalte sich eine Entscheidung über die Frage vor, ob die verfassungsgemäß bestimmte Person angesichts ihres Verhalten oder ihrer politischen Ansicht tatsächlich würdig und geeignet sei, das betreffende Amt auszuüben. Dies könne den Anschein erwecken, der Beamte werde bei seiner Amtsführung nicht loyal gegenüber seinem Dienstherrn sein und die Vorgaben der Organe seines Dienstherrn befolgen, sondern werde sich eher an seiner privaten Ansicht über die Person und den Charakter des Inhabers eines hohen Staatsamtes orientieren. Es könne also das Vertrauen der Bevölkerung in die Verwaltung des demokratischen Rechtsstaats untergraben, wenn der Eindruck erweckt würde, der betreffende Beamte werde sein dienstliches Verhalten an seiner persönlichen Einschätzung und nicht mehr allein an den Gesichtspunkten der Sachrichtigkeit, Rechtstreue, Gerechtigkeit, Objektivität und dem Allgemeinwohl ausrichten. Wegen diesem und einem weiteren Sachverhalt wurde der Beamte zu einer Kürzung seiner Dienstbezüge um 1/10 für die Dauer von 3 Monaten als Disziplinarmaßnahme verhängt.

Jeder Beamte sollte sich bewusst sein, dass die politische Mäßigungspflicht, abgeleitet aus der Treuepflicht als hergebrachtem Grundsatz des Berufsbeamtentums, zu den zentralen Pflichten des Berufsbeamtentums gehört und dass Verstöße gegen diese mit einem Disziplinarverfahren geahndet werden können.

Unsere Kanzlei hat seit Jahrzehnten einen Schwerpunkt im Verwaltungsrecht, wozu auch das Beamtenrecht gehört. Herr Rechtsanwalt Brunnert und Frau Rechtsanwältin Siebe vertreten zahlreiche Beamte in außergerichtlichen wie gerichtlichen disziplinarrechtlichen Angelegenheiten. Sollte Ihr dienstliches Verhalten beanstandet werden oder Sie aus anderen Gründen die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Ihre Person befürchten, stehen wir Ihnen gerne mit Beratung und Vertretung zur Seite.

Über den Autor

Autorenbild Rechtsanwältin und Notarin Astrid Siebe
Astrid Siebe

Frau Rechtsanwältin Siebe ist Fachanwältin für Verwaltungsrecht. Sie ist besonders spezialisiert im öffentlichen Dienstrecht, wobei sie neben Beamten auch Arbeitnehmer und Personalräte vertritt.

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